Die Anwendung bioidentischer Hormone im Rahmen einer HRT (Hormon-Ersatz-Therapie) ist vielfältig! Deshalb ist es wichtig die einzelnen Applikationsmöglichkeiten zu hinterfragen… hinsichtlich Aufnahme, Bioverfügbarkeit und Penetration. Eine angebotene Möglichkeit ist der Einsatz von Kapseln, die Hormone, Olivenöl und weitere Stoffe wie Vitamine, Mineralstoffe oder Spurenelemente enthalten können. Und genau diese Kapseln, die sogenannten Rimkus®-Kapseln, will ich näher beleuchten. Doch zuvor schauen wir uns an, welche weiteren Möglichkeit, welche Darreichungsformen der HRT es gibt.
Welche Möglichkeiten gibt es, bioidentische Hormone im Rahmen einer HRT anzuwenden?
Suppositorien
Hier werden die Hormone in einer Zäpfchengrundlage verarbeitet und vaginal oder rektal eingeführt. Diese Applikationsform findet kaum noch Anwendung.
Lutschtabletten und sublinguale Tropfen
Durch das Verbleiben im Mundraum (nicht schlucken) werden die Hormone zum größten Teil über die Mundschleimhaut aufgenommen und in die Blutbahnen transportiert. Somit wird überwiegend der Verdauungstrakt umgangen, meist gelangen aber mehr als 50 Prozent in den Magen, weil aufgrund der normalen Speichelbildung der Schluckvorgang unumgänglich ist.
Implantate
Hierzu wird ein Implantat (Trägermaterial plus Hormon) unter die Haut gebracht. Dazu wird ein kleiner Schnitt getätigt und das Implantat unter die Haut gebracht. Magen und Darm-Trakt werden bei dieser Methode zwar umgangen, aber die zeitliche Hormonfreisetzung hat nichts mit dem natürlichen Muster bzw. Zyklus zu tun. Über den Monat verteilt werden vom Körper unterschiedliche Mengen an Hormonen benötigt und dies kann ein Implantat nicht leisten.
Das könnte Sie auch interessieren:
„Transdermale Applikation – was versteckt sich hinter diesen zwei Wörtern?“
Pflaster
Hierbei gibt das Wirkstoff-Reservoir Hormone transdermal ab. Das heißt man umgeht den FPE, hat somit keine Metaboliten-Bildung und wenig Wirkstoff-Verlust. Nachteilig ist die Patienten-Compliance (Sichtbarkeit und Alltagstauglichkeit).
Nasenspray
Noch wenig verbreitet, findet die Aufnahme über die Nasenschleimhaut statt und es existieren bis dato keine geprüften Formulierungen. Die Vorteile sind bekannt: Umgehung des FPE, keine Metaboliten-Bildung und wenig Wirkstoffverlust. Jedoch kann theoretisch eine Reizung der Nasenschleimhaut auftreten.
Cremes und Gele
Hierbei werden die Hormone in verschiedenen pharmazeutischen Grundlagen verarbeitet und dann in die Haut (transdermal) oder in die Scheidenschleimhaut (vaginal) eingerieben bzw. dort aufgetragen. Dabei hat die transdermale Hormon-Substitution einen prägnanten Vorteil gegenüber der üblichen peroralen Gabe oder anderen Anwendungen/Darreichungsformen: es wird nur ein Bruchteil der Dosis, die bei peroral verordneten Gaben gegeben wird, benötigt. Bei der oralen Einnahme der Hormone unterliegt der Wirkstoff dem „First-Pass-Effekt“ und somit gehen schätzungsweise mehr als 70 % des Hormons verloren, bevor es seinen Wirkort, die Rezeptoren, erreichen kann. Auch das Nebenwirkungspotential ist wesentlich geringer, da keine oder weniger Metabolite gebildet werden. Abgesehen davon wissen Patientengruppen mit Schluckbeschwerden diese Substitution zu schätzen.
Die Vorteile der transdermalen Anwendung mit der Kombination aus bioidentischem Hormon, Transportsystem (Liposomen/Schwammkollagen) und einem geeigneten Gel liegen auf der Hand:
- Geringe Wechselwirkungen und Nebenwirkungen, da keine/weniger Metaboliten
- Dosisreduktion durch Umgehung des First Pass Effektes in der Leber
- Keine Belastung des Gastrointestinal-Systems
- Es kommt in der Leber nicht zu Wechselwirkungen mit unterschiedlichen Enzymen und zahlreichen Stoffwechselvorgängen
- Keine Absorptionsschwierigkeiten
- Individuelles Anpassen der benötigten Hormon-Konzentration
- Gute Akzeptanz bei Patienten mit Schluckbeschwerden (Dysphagie) oder bei Erbrechen
Oral einzunehmende Kapseln
Die Hormone werden hierzu auf unterschiedliche Art und Weise in Kapseln verarbeitet (u.a. mit Olivenöl oder Kakaobutter) und von der Patientin/vom Patienten geschluckt. Eindeutiger Nachteil: Das Gastrointestinal-System und die Leber werden aktiviert und es können neben dem Wirkstoffverlust (bis zu 70 %) Metaboliten entstehen.
Nun sind wir beim eigentlichen Thema angekommen – den Rimkus®-Kapseln.
Hierbei handelt es sich um eine Wirkstoffkombination aus Progesteron und Estradiol. Entwickelt wurde diese Methode von dem Gynäkologen Dr. Volker Rimkus aufgrund positiver Erfahrungen aus seiner Praxis. Die Rimkus®-Kapseln herstellen zu dürfen erfordert auch eine spezielle „Ausbildung“ und ein damit verbundenes Zertifikat (Kosten: ca. 1000,– Euro).
Weiterführender Artikel:
„Herstellung von Anti-Aging-Rezepturen mit Hormonen“
Doch was genau verbirgt sich dahinter? Und wie soll die Hormon-Substitution von statten gehen?
Schauen wir mal genauer hin! Bei der Rimkus®-Methode handelt es sich um eine Kombination aus Estradiol, Progesteron, Zink- und Kupfergluconat (und eventuell Vitamin D3). Lt. Rimkus sind „keine weiteren Hormone zur HRT notwendig.“ In den Rimkus®-Kapseln liegen die Hormone in Olivenöl gelöst vor, dadurch soll eine Aufnahme im Verdauungstrakt zusammen mit anderen fettlöslichen Nahrungsbestandteilen über das lymphatische System möglich sein.
Eine Verstoffwechslung der Substanzen in den Leberzellen soll so umgangen werden, doch eine valide Studie oder einen Nachweis gibt es dafür nicht. Auch ist das Verhältnis der beiden Spurenelemente Zink und Kupfer in der Formulierung aus wissenschaftlicher Sicht eher ungewöhnlich, da diese in einem Verhältnis von 1:5 oder 1:10 gegeben werden sollten, damit sie bestmöglich verstoffwechselt werden. In der Rimkus®-Rezeptur ist das Verhältnis 1:700!
Eine weitere Herausforderung ist die Herstellung der Kapseln und das Befüllen mit Olivenöl. Stichwort: Gleichförmigkeit des Gehaltes!
Denn bei der Befüllung der Hartgelatine-Kapseln mit Olivenöl kann es Probleme mit der Dichtigkeit geben und der Inhalt kann herauslaufen. Eine wahre Herausforderung in der Rezeptur. Das Progesteron löst sich ferner nur wenig in pflanzlichen Ölen, bei höheren Progesteron-Dosierungen (> 100 mg) entsteht dann keine Lösung mehr, sondern eine Suspension.
Aber gegen das Herauslaufen kann etwas getan werden:
Das Olivenöl kann mit 5 % hochdispersem Siliciumdioxid zu einem Oleogel versteift werden, ein Auslaufen des Kapselinhalts ist dann nicht mehr zu befürchten und auch eine Sedimentation von ungelöstem Wirkstoff wird somit verhindert. Der große Vorteil: Das Festwerden des Olivenöls erfolgt dabei mit Verzögerung, d.h. kurz nach der Herstellung ist die Zubereitung noch gießfähig und kann in die Kapselunterteile gefüllt werden. Somit kann zumindest der gewünschte Gehalt/Kapsel annähernd gewährleistet werden.
Das könnte Sie auch interessieren:
Blogbeitrag zum Thema „Bioidentische Hormone“
Es ist wichtig zu betonen, dass es sich bei der Hormon-Therapie nach Rimkus® nicht um eine anerkannte schulmedizinische Behandlung handelt – in Fachkreisen gilt sie als umstritten. Aber aufgrund einer ärztlichen Verordnung kann eine Herstellung der Rimkus®-Kapseln in der Apotheke erfolgen. Jedoch werden die Kosten für Diagnostik und Therapie von den gesetzlichen Krankenkassen nicht übernommen, sondern müssen von den Patientinnen selbst bezahlt werden. Auch ein Anspruch gegenüber den privaten Krankenversicherungen kann normalerweise nicht geltend gemacht werden. Lediglich der Hinweis auf dem Rezept „Hormon-Ersatz-Therapie“ kann die Chance auf eine Übernahme durch die Kassen verbessern.
Fazit: die Rimkus®-Methode hat sicherlich seine Berechtigung bei der Anwendung von bioidentischen Hormonen. Jedoch gibt es noch einige Fragezeichen, die aus meiner Sicht beseitigt werden müssen, damit mit gutem Gewissen eine HRT durchgeführt werden: Gleichförmigkeit des Gehaltes, Aufnahmeweg, Konzentration der einzelnen Bestandteile und der eventuell auftretende FPE, wenn der „lymphatische Weg“ möglicherweise nicht bewiesen werden kann.
Lesen Sie hierzu auch die Blog-Beiträge „Transdermale Applikation“, „Herstellung von Anti-Aging-Rezepturen“ und „Bioidentische Hormone“. Damit können Sie noch tiefer in diese Thematik eintauchen.
Ihr Dr. Stefan Bär
Unsere Rezepturmappe enthält bewährte und innovative Rezepturvorschläge aus der Welt der medizinischen Kosmetik und der Anti-Aging-Welt.
Hier geht es zum Download.