Immer wieder kommt die Frage auf, ob man Wirkstoffe in kosmetischen Grundlagen verarbeiten darf. Und dieser Herausforderung muss man sich selbstverständlich auch bei Hormonen stellen, denn oft werden dazu Grundlagen verordnet, die laut Apothekenbetriebsordnung nicht verwendet werden dürfen und zu Retaxationen führen.
Egal ob es sich zum Beispiel um eine topische Anti-Falten-Rezeptur mit Progesteron handelt oder um eine transdermale Hormon-Ersatz-Therapie mit Testosteron. Und die Antwort ist ganz einfach, denn folgende, wenige Kriterien müssen befolgt werden, damit eine valide und plausible Rezeptur hergestellt werden kann.
Hormone in kosmetischen Grundlagen – ausschlaggebend ist das Prüfzertifikat bzw. Analysenzertifikat der (kosmetischen) Grundlage.
Grundsätzlich dürfen Rezepturen in Apotheken nur dann hergestellt werden, wenn die erforderliche Arzneibuchqualität der Rezepturbestandteile vom Apotheker festgestellt und belegt wurde. Dazu dienen Arzneibücher, Codices, valide Prüfzertifikate des Herstellers, der Status als verkehrsfähiges Fertigarzneimittel oder die Herstellungsdokumentation bei den in der Apotheke selbst hergestellten Zwischenprodukten (Arzneiträger und Rezepturkonzentrate). Die Validität des Prüfzertifikats ist auch dann zwingend erforderlich, wenn vorgefertigte Grundlagen als Kosmetika oder Medizinprodukte in Verkehr sind.
Und jetzt kommt es: solche Grundlagen dürfen nur dann in einem Rezepturarzneimittel verwendet werden, wenn deren ordnungsgemäße Qualität durch ein gültiges, chargenspezifisches und valides Prüfzertifikat nachgewiesen wird (§6 und §11 ApBetrO). Ein solches Prüfzertifikat kann nur in einem Betrieb oder Labor mit einer Erlaubnis nach §13 Arzneimittelgesetz erstellt und durch mindestens eine sachkundige Person (QP) freigegeben werden.
Genau so steht es auch in den Leitlinien der Gesellschaft für Dermopharmazie (Fachgruppe „Magistrale Rezepturen“).
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„Hyaluronsäure und medizinische Hormon-Kosmetik – was hilft wirklich gegen Falten?“
So einfach ist die Sachlage und doch manchmal so schwer umzusetzen, da oft Ärzten das Knowhow fehlt, um geeignete pharmazeutische Grundlagen einzusetzen. Ärzte und Apotheker sind gemäß der Entschließung CM/ResAP(2016)1 des Europarates zur Arzneimittelherstellung in Apotheken und gemäß der Arzneibuchmonographie „Pharmazeutische Zubereitungen“ (Ph. Eur.) sowie der nationalen Gesetzgebung für die Qualität der Rezepturarzneimittel verantwortlich und erwägen das Nutzen-Risiko-Verhältnis für den Patienten entsprechend dem aktuellen Wissen.
Und dieses Wissen fehlt leider manchmal, denn es gibt zahlreiche, gut untersuchte pharmazeutische Grundlagen, sodass es nicht notwendig ist auf kosmetische Grundlagen zurückzugreifen. Hinzu kommt, dass die modernen, vor allem transdermalen Grundlagen wesentlich besser penetrieren, da diese spezielle Transportsysteme enthalten.
Und hier sind sie… die geeigneten pharmazeutischen Grundlagen für topische Anti-Aging-Rezepturen und die transdermale Hormon-Ersatz-Therapie:
• Vesigel®
• Audor® Gelgrundlage
Diese beiden Grundlagen finden Ihren Einsatz in erster Linie im Rahmen der Hormon-Substitution. Dort nutzt man die transdermale Applikation um Patienten Hormone zuzuführen. Mit Hilfe der Blutdiagnostik oder des Speichels lässt sich zuvor feststellen, ob Hormone fehlen bzw. unterhalb des Referenzbereiches liegen. Dann werden diese Hormone mit Hilfe der transdermalen Applikation in die Blutbahn gebracht, d.h. es findet eine Hormon-Substitution statt und die Konzentration des jeweiligen Hormons wird wieder in den „Normal-Bereich“ gebracht.
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„Vegane Hormone“
Und um diese transdermale Applikation durchführen zu können benötigt man 3 Komponenten:
• Den Wirkstoff, das Hormon
• Ein Transportsystem, das Liposom
• Eine pharmazeutische Grundlage (Gel, Salbe, Creme), die mit den o.g. Komponenten kompatibel ist.
Wie beschrieben wird ein Transportsystem benötigt, um die Hormone in die Blutbahn zu bringen. Hierzu bieten sich sogenannte Leer-Liposomen (z.B. Vitamin F-Liposomen) an, die die Hormone „aufnehmen“ und durch die unterschiedlichen Hautschichten bis zur Blutbahn befördern.
Nun fehlt nur noch die Grundlage, in die die Hormone und die Liposomen eingearbeitet werden können. Üblicherweise wird hierzu wie oben beschrieben die Audor® Gelgrundlage verwendet, da diese seit Jahrzehnten erprobt ist, nur wenige Inhaltsstoffe besitzt und somit kaum Inkompatibilitäten zu erwarten sind. Lediglich kationische Wirkstoffe können mit der Audor® Gelgrundlage nicht verarbeitet werden, da es sich um ein anionisches Gel handelt. Diese Grundlage wird auch genutzt, wenn es lediglich um eine topische Anwendung im Sinne des Anti-Agings- bzw. Anti-Falten-Effektes geht.
Des Weiteren hat man die Möglichkeit mit dem Vesigel®-System die Hormone in die Blutbahn zu bringen. Vesigel® ist eine Gelgrundlage, die sich unserer Haut entsprechend aus dem Kollagen eines essbaren Mittelmeerschwamms (Chondrosia reniformis), Lecithin- und Fettliposomen zusammensetzt. Als Kolloidgel kann Schwammkollagen beim pH-Wert der Haut große Mengen verschiedener Wirkstoffe binden und zusammen mit den Liposomen durch die Haut transportieren. Dies ist für die effiziente transdermale Applikation und Therapie (z. B. mit bio-identischen Hormonen) entscheidend. Bei Vesigel® handelt es sich um ein Zweikomponentensystem. Das Vesigel® Compact: eine Grundlage aus Liposomen und Schwammkollagen-Partikeln zur Einarbeitung von Wirkstoffen und dem Vesigel® Dilutor: eine Gelgrundlage zur Einstellung der gewünschten Wirkstoffkonzentration.
Zur Durchführung der transdermalen Applikation können beide Systeme (Vesigel® oder Vitamin F-Liposomen plus Audor® Gelgrundlage) genutzt werden, beide Transportvehikel bringen die Hormone erfolgreich in den Blutkreislauf, damit der Patient mit der Menge an Hormonen versorgt wird, die er benötigt. Zu beiden Systemen liegen ausreichend Rezepturbeispiele vor, die Sie in unserer Rezepturmappe finden.
Noch ein Wort zur Herstellung der Rezepturen mit den genannten pharmazeutischen Grundlagen, die selbstverständlich mit dem oben beschriebenen, validen Analysenzertifikat versehen sind. Diese stellt in keiner Weise eine Herausforderung für den Herstellenden dar, ganz im Gegenteil, die einzelnen Komponenten sind einfach miteinander zu verarbeiten und generell wird das Anfertigen mit Pistill und Mörser empfohlen, um eine besser Inprozess-Kontrolle aufzuweisen und u.a. eine perfekte Beladung der Liposomen zu gewährleisten. Eine Herstellung in den gängigen halbautomatischen Rührsystemen ist aber selbstverständlich im Sandwich-Verfahren auch möglich.
Bei Fragen zu diesem Thema und anderen Bereichen hinsichtlich Anti-Aging stehe ich Ihnen jeder Zeit im Rahmen der Rezeptur-Hilfe zur Verfügung!
Allzeit viel Spaß beim Rühren!
Ihr
Dr. Stefan Bär
Unsere Rezepturmappe enthält bewährte und innovative Rezepturvorschläge aus der Welt der medizinischen Kosmetik und der Anti-Aging-Welt.
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