Diese Thematik wurde bereits in einem zurückliegenden Blog behandelt, aber ich will in diesem Beitrag noch tiefer in dieses Thema eintauchen. Weil der Vergleich zur Hormon-Diagnostik im Serum oder Plasma wichtig ist und man immer mehr dazu über geht die Konzentration bestimmter Hormone bei bestimmten Darreichungsformen im Speichel nachzuweisen.
Bevor wir in die Tiefe gehen müssen wir uns anschauen, wie der Speichel gebildet wird, wie er zusammengesetzt ist und wie die Hormone dorthin gelangen.
Die Speichelbildung
Speichel (lat. saliva) wird im Mund von den kleinen Speicheldrüsen, die sich in der Mundschleimhaut befinden, und den großen Speicheldrüsen gebildet:
• Glandula parotis (Ohrspeicheldrüse)
• Glandula submandibularis (Unterkieferdrüse)
• Glandula sublingualis (Unterzungendrüse)
Je nach sezernierender Drüse ist der dort gebildete Speichel eher wässrig-dünnflüssig („serös“) oder eher schleimig-zähflüssig (mukös). In der Mundhöhle findet man ein Gemisch dieser verschiedenen Speichelarten vor. Pro Tag sezerniert der erwachsene Mensch insgesamt etwa 0,6 bis 1,5 Liter Speichel, auch ohne Nahrungsaufnahme wird ständig Speichel abgesondert. Diese „Basalsekretion“ beträgt etwa einen halben Liter pro Tag. Doch was findet sich alles in der Salvia?
Die Zusammensetzung des Speichels
Speichel besteht zu etwa 99,5 % aus Wasser und enthält etwa 0,5 % gelöste Bestandteile. Unter diesen sind folgende Stoffe besonders hervorzuheben: Calcium- und Phosphat-Ionen neben anderen Ionen für die Remineralisierung. Weiterhin Mucine (Glykoproteine), diverse Proteine und beim Menschen und manchen Tieren auch ein Verdauungsenzym (diastatisches Ferment), die α-Amylase Ptyalin. Unter den Proteinen ist ein stark schmerzstillendes Opiorphin nachgewiesen worden, welches vermutlich den Abbau körpereigener Opiate hemmt, die an der Schmerzwahrnehmung beteiligt sind.
Weitere Substanzen sind Bestandteile der Blutgruppen und Antikörper, wie z. B. das Immunglobulin A (IgA) sowie Kalium, Natrium und Chlorid. Spuren von Fluorid und Rhodanid sind für die Erhaltung des Zahnschmelzes wichtig.
Und selbstverständlich sind auch Steroide enthalten. Der Steroid-Gehalt im Speichel entspricht etwa 1 bis 5% der gesamten Steroidhormonmenge, die sich im Blut befindet. Dabei handelt es sich um freie, nichtproteingebundene Steroidverbindungen. Diese repräsentieren den biologisch aktiven Hormonanteil, der in der Lage ist an die Rezeptoren der jeweiligen Steroide anzudocken. Er entspricht somit auch dem Anteil der freien Steroide im Blut.
Nicht ganz unwichtig für die Aufnahme und Verwertung von Nahrungsmitteln… der pH-Wert liegt bei Ruhesekretion zwischen 6,5 und 6,9, nach Stimulation steigt er auf etwa 7,0 bis 7,2 an, da durch den schnelleren Abfluss des Speichels weniger Zeit bleibt, aus dem zunächst plasmaisotonen Speichel Natrium-Ionen rückzuresorbieren.
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„Hormon-Diagnostik – Speichel oder Blut?“
Transportwege der Hormone
Ganz einfach beschrieben: Speichel ist sozusagen „gefiltertes Blut“. Unser Blut wird durch die Speicheldrüsen gefiltert, wobei die roten Blutzellen zurückgehalten werden. Hormone gelangen aus dem Blut in den Speichel, indem sie durch die Membran der Speicheldrüse wandern.
Wissenschaftlicher betrachtet: der Übertritt der Steroide aus der Zirkulation in den Speichel erfolgt je nach Steroidhormonklasse über zwei mögliche Wege. So können die lipophilen Steroidhormone wie Estradiol, Testosteron oder Progesteron die Membran der Azinus-Zellen über passive Diffusion passieren und in den Speichel übertreten. Hydrophile Steroidverbindungen wie DHEA-Sulfat oder Estron liegen hingegen fast vollständig ungebunden im Serum vor. Sie werden lediglich zu Anteilen von ca. 1% über Ultrafiltration in den Speichel gebracht.
Wann ist der Einsatz der Hormondiagnostik im Speichel sinnvoll?
In erster Linie dient sie der Beurteilung der freien, bioaktiven Steroidhormone sowie der Kontrolle einer transdermalen Hormon-Ersatz-Therapie.
Die Vorteile der Hormon-Diagnostik im Speichel sind offensichtlich!
Die Probenentnahme ist nicht-invasiv, schmerzlos und kann an jedem Ort erfolgen… auch Zuhause. Dadurch können die entsprechend vorgegebenen Entnahmezeitpunkte für Mehrfachmessungen ohne nennenswerte äußere Einflüsse eingehalten werden und ermöglichen somit eine repräsentative Wiedergabe der Hormonsituation unter Berücksichtigung der pulsatilen Freisetzung der Hormone. Darüber hinaus eignet sich das Probenmaterial Saliva zur Konzentrationsbestimmung von Hormonen, die zirkadianen Schwankungen unterliegen (z.B. Cortisol) UND solchen Steroid-Hormonen, die tageszeitlichen Schwankungen unterliegen (s.u.). Entscheidend ist dann, wann die Speichelproben (bis zu 4 am Tag) entnommen werden, damit die Hormon-Konzentration bestmöglich ermittelt werden kann.
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Literaturhinweise zur Hormon-Thematik
Ein Beispiel:
Die Spiegel der weiblichen Sexual-Hormone Östradiol und Progesteron unterliegen zum Beispiel zyklusabhängigen Schwankungen. Deshalb eignet sich das Probenmaterial Salvia hervorragend zur Bestimmung dieser Hormon-Konzentrationen während einer Zyklus-Phase, da die Probengewinnung selbständig und unabhängig von Zeit und Ort vorgenommen werden kann. Und da die Steroid-Hormon-Konzentrationen im Blut bis zu 100-mal höher sein können als in der Salvia, müssen Blutspuren in Speichelproben (u.a. Zahnfleischbluten) unbedingt vermieden werden. Deshalb die Probe vor dem Zähneputzen entnehmen. Frauen in der Postmenopause sowie Männer können die Proben an jedem beliebigen Tag nehmen, vorzugsweise in einer Phase, in der sich Symptome zeigen.
Und noch ein Vorteil! Nach der Probenentnahme gestaltet sich die Lagerung und der Transport von Speichelproben als sehr anspruchslos. Bei Raumtemperatur bleiben die Verbindungen bis zu 4 Tage stabil, d.h. ein Versand über den normalen Postweg ist daher in der Regel unproblematisch.
Was ist bei der Hormon-Diagnostik noch zu beachten?
Bei Einnahme von Hormonpräparaten muss Rücksprache mit dem Arzt bezüglich des Zeitpunkts der Probensammlung gehalten werden: Bei Tabletten- oder Kapselzufuhr ist die Probenentnahme 12 Stunden nach der letzten Hormoneinnahme empfehlenswert. Bei einer Gel- oder Creme-Anwendung ist aufgrund der individuellen Stoffwechselleistung und Dosierung des Hormonpräparates ggf. ein längerer Zeitraum zwischen Hormonzufuhr und Probenentnahme einzuhalten (z.B. 24 Stunden). Beachten werden muss auch, dass Kosmetika (z. B. Gesichtscremes) oftmals beträchtliche Mengen an Hormonen enthalten und somit das Analyseergebnis verfälschen können. Auch Tinkturen gegen Haarausfall verfälschen die Messwerte, wenn diese Hormone wie z. B. Alfatradiol enthalten.
Die Bestimmung der Hormon-Konzentration via Salvia ist eine ernstzunehmende Alternative zur konventionellen Bestimmung aus dem Blut. Wichtig ist zu wissen, dass die Speichelanalytik von den gesetzlichen Krankenkassen nicht erstattet wird, sondern in Eigenleistung getragen werden muss. Doch die beschriebenen Vorteile überzeugen sicherlich den ein oder anderen Patienten.
Bei Fragen zu diesem Thema und anderen Bereichen hinsichtlich der Anti-Aging-Thematik stehe ich Ihnen jeder Zeit im Rahmen der Rezeptur-Hilfe zur Verfügung!
Ihr Dr. Stefan Bär
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